Gründung

Die Gründung des Dorfes

Die Entstehung der Bauerschaft Wapeldorf - ein Musterbeispiel für planmäßige Besiedlung.
Von Dr. Otto Harms

Die Siedlung Wapeldorf im Nordosten des Ammerlandes trägt ihren Namen nach der Wapel. Diese entspringt bei Conneforde und mündet in die Jade. In Bemerkungen zu der Karte "Abriß der Jade und Wapel" (1704) heißt es: "Alles dieses Wasser sammelt sich hinter Cönneforde zusammen und hat beim abhangenden Moore eine solche Gewalt, daß es aus den Ufern des Kanals, der oben ziemlich breit, große Stücke gerissen. Es fällt von da den Weg zur Cönneforde zwischen das alte und neue Zollhaus unter einer Brücke hinunter neben der dasigen Burg ins Wapeler Moor und ist der Ursprung der Wapel." Der Wapelbruch (palus Waplinga) war ein Teil des breiten Sumpfstreifens, der den friesischen Küstenstrich gegen Süden begrenzt und der sich vor dem Einbruch der Jade nach Osten bis zu den Mündungsarmen der Weser erstreckte. Er bildete die Grenze zwischen den Friesengauen der Diözese Bremen und dem Sachsenlande. Bis hier reichte die Heerespflicht der Friesen: "aster to threre Wisura, suther to there Waplinge" (nach Sello). An die Wapel grenzte von Süden her das Gemeinheitsgebiet der Bauerschaft Bekhausen, die schon im 12. Jahrhundert zur Vogtei des Klosters Rastede gehörte. An den Gemeinheiten hatte die Landesherrschaft schon sehr früh das Eigentum erworben. Den Bauern standen jedoch Nutzungsrechte an diesen ausgedehnten Flächen zu. In den Grafschaften Oldenburg und Delmenhorst waren zu den üblichen Nutzungen durch Viehtrift und Plaggenmähen diejenigen berechtigt, die bauernpflichtige Stellen besaßen. Bei der Teilung der Gemeinheiten, die in Oldenburg nach Erlaß der Gemeinheitsteilungsordnung von 1806 in großem Umfange einsetzte, wurde die Abfindung der Interessenten für bisherige Nutzung in der Regel auf 40 Jück (etwa 20 ha) für den Vollerben festgesetzt. Kleinere Grundbesitzer erhielten weniger, entsprechend dem Verhältnis, in dem sie zu den Lasten bauernpflichtiger Stellen beitrugen. Bereits vor der Teilung aus der Gemeinheit herausgenommene Flächen, die als Zuschläge eingewiesen waren, wurden dabei angerechnet. Als bei der Teilung der Bekhauser Gemeinheit festgestellt wurde, daß sich ein Interessent statt der etwa 15 Jahre vorher zur Kultur bewilligten 4 bis 5 Jück etwa 10 Jück mehr angeeignet hatte und darüber eine Urkunde, in der die Zahlen "4 bis 5 Jück" nachträglich in 14 bis 15 Jück geändert waren, vorlegte, wurden zwar Nachforschungen angestellt, es ließ sich aber nicht feststellen, ob er oder sein verstorbener Vater der Schuldige war. Unter diesen Umständen konnte kein Verfahren gegen ihn eingeleitet, sondern nur die eigenmächtig entnommene Fläche auf seine Abfindung angerechnet werden. Wenn die zur Verteilung kommenden Flächen ausreichten, erhielt der Vollerbe 40 Jück, der Halberbe 20 Jück, ein alter Köter 10 Jück, ein neuer Köter 5 Jück und ein Brinksitzer 2.5 Jück. Reichte die Gemeinheit zur Bestreitung der gesetzlichen Abfindungen nicht aus, so wurde die ganze Gemeinheit nach diesem Verhältnis aufgeteilt. Ergab sich dagegen nach der vorschriftsmäßigen Abfindung ein Überschuß, so verblieb dieser zur alleinigen und uneingeschränkten Verfügung des Staates. Diese Gemeinschaftsüberschüsse und die Anteile des Staates an den münsterschen Marken hat Oldenburg in vorbildlicher Weise der Landeskultur und Besiedlung zugeführt. Bei der Aufteilung der Bekhauser Gemeinheit, die 1807 begann, ergab sich ein Überschuß von 360 JÜck. Diese Fläche wurde für die Anlage einer Siedlung von 36 Wohnplätzen, dem späteren Wapeldorf, vom Staat zur Verfügung gestellt. Da sie den besten Boden der Gemeinheit umfaßte, war es nicht leicht, die Bekhauser Interessenten zum Verzicht zu bewegen und sich mit geringerem abfinden zu lassen. Bei der Teilung wurden folgende Flächen ausgewiesen:
1. Die Interessenten erhielten 262 Jück
2. an Nichtinteressenten wurden zur Kultur ausgegeben 21 Jück
3. für Befriedigungen und Wege wurden benötigt 35 Jück
4. für Wegerde wurden reserviert 13 Jück
5. nicht eingeteilte Placken (Koppelberg, Ilkenberg usw.) 10 Jück
6. für 36 Anbauer 360 Jück
zusammen 701 Jück
Die Einweisung erfolgte am 4. Mai 1811. Dieser Tag kann als der Geburtstag von Wapeldorf gelten. Damit die Ansiedler ihr Fortkommen finden konnten, wurden bei der Auswahl der Bewerber um einen Aufbauplacken nur diejenigen berücksichtigt, die etwas Vermögen für den Hausbau nachweisen konnten. dabei wurden die grundsätzlichen Richtlinien beachtet, die unter der Regierung des Herzogs Peter Friedrich Ludwig aufgestellt worden waren. Sie verlangten
1. daß nicht zu viel kleine Leute entstehen mögen, die auf ihrer Stelle ihr Brot nicht erwerben und keine direkten Produzenten werden können, sondern als Professionelle, Tagelöhner und Hollandgänger ihren Unterhalt sich zu verschaffen suchen müssen,
2. daß neue Anbauer nicht ohne Rücksicht auf Vermögen und körperliche Fähigkeit zugelassen werden mögen, gebrechliche Eltern von allem entblößt, angesetzt und so einer nicht zu vermeidenden Verarmung preisgegeben werden,
3. daß bei den Ämtern eine gewisse der Kammer vorzulegende Kontrolle über das Fortkommen der Neuen Anbauer während der ihnen zustehenden Freijahre geführt werden möge, welches um so zweckmäßiger erscheinen dürfte, da die Aufsicht und Kontrolle mit der Ansetzung zu Gefällen aufhören würde.
Es mußte deshalb neben anderen auch eine Bewerberin, die angab, "sie hätte kein Vermögen, keinen Mann, aber zwei natürliche Kinder und hoffte, dadurch einen Mann zu bekommen, wenn sie einen Anbauplatz erhielte," von ihrem Vorhaben absehen. Man wollte vermeiden, daß "Kandidaten der Armenkasse etabliert" werden. Die Verteilung der Anbauplacken von von 6 bis 7 Jück auf die ausgewählten Anbauer geschah durch Los; dabei erhielt Nr. (siehe nächstes Kapitel). Außer diesen Anbauplacken erhielt jeder Bewerber noch einen Placken von 3 bis 4 Jück an der Wapelniederung. Wenn man die Namen der heutigen Eigentümer mit denen der ersten Ansiedler vergleicht, muß man feststellen, daß sich nur wenige der alten Namen erhalten haben (Nr. 10, 19, 22, 36). In den Bedingungen der Einweisungszertifikate vom 29.8.1817 wurde vorgeschrieben, daß im Laufe dieses Jahres die Placken zu befriedigen und ein "ordinaires Wohnhaus" zu errichten sei, sonst würden sie der Landesherrschaft wieder zufallen. Sie durften erst veräuß ert werden, wenn ein beträchtlicher Teil kultiviert war. Nach 10 Freijahren sollten sie zu Steuern und Kontributionen entsprechend den neuen Brinksitzerstellen herangezogen werden. Der Placken 23 war für die Schule vorgesehen. Sie hatte 1855 eine Klasse mit 45 Schülern. bei der Landesvermessung von 1845 wurde festgestellt, daß die Anbauplacken sämtlich kultiviert waren und als Ackerland genutzt wurden; die Placken an der Wapelniederung dienten dagegen als Wechselland. Der Ausbau des Weges nach Heubült war von besonderer Bedeutung für die Heranschaffung des Baumaterials von Absen und Rodenkirchen und des Viehfutters aus dem Andelgroden. Der unverteilt gebliebene Koppelberg wurde als geeigneter Platz für den späteren Bau einer Windmühle oder einer Kirche angesehen. Allerdings hegte der Gemeinheitskommissar E.G. tom Have bereits damals Zweifel an der Verwirklichung, wenn er sagt: "Da indessen die imaginaire hohe Aufklärung die Religiosität und Moralität verdrängt hat, so dürfte die Benutzung des Berges zum Kirchenbau in einem Jahrhundert noch nicht Gegenstand einer ernsthaften Betrachtung werden, obgleich die Volksmenge zu Bekhausen, Heubült, Rastederberge, Hahn, Hahnermoor, Lehmden, Nethen und die jetzt etablierte neue Kolonie, zusammen ca. 1000 Seelen, welche zwei Stunden von der Kirche zu Rastede entfernt wohnen, wohl eine nähere Gelegenheit haben möchten, sich zu gemeinschaftlichen Andachtsübungen zu versammeln." Die Entwicklung der Bauerschaft Wapeldorf zeigt sich in folgenden Zahlen:
Jahr Haushaltungen Einwohner
1821 34 217
1875 49 222
1895 50 251
1925 59 288
1939 67 293
Nach dem Kriege ist auch hier eine starke Zunahme zu verzeichnen, so daß Wapeldorf 1946: 83 Haushaltungen und 374 Einwohner zählt. Dr. O. Harms

 

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